Erster christlicher Friedhof Deutschlands in Trier entdeckt

Bild: Winfried Weber, Direktor des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums betrachtet in Trier den Inhalt eines soeben geöffneten Steinsarges aus römischer Zeit.
 
Trier - Die Sarkophage stehen kreuz und quer, übereinander und nebeneinander. Zwischen ihnen liegen Knochen und Schädel in der Erde. Sie stammen von Menschen aus dem 3. und 4. Jahrhundert, die der ersten Christengemeinde nördlich der Alpen angehörten.
 
Die Archäologen waren überrascht, als sie bei Umbauarbeiten unter dem Altar der Abteikirche St. Matthias auf das römische Gräberfeld in Trier stießen. Die vermutlich mehreren hundert Toten waren auf engstem Raum um die Gräber der ersten Trierer Bischöfe Eucharius und Valerius beigesetzt worden.
 
«Die legendenhafte Darstellung hat nun durch archäologische Befunde ein sicheres Fundament bekommen», sagte Bistumsarchäologe Winfried Weber am Mittwoch. Jetzt sei bewiesen, dass es bereits um 270 in Trier eine christliche Gemeinde gegeben habe, die sich um ihren Bischof scharte. Am Anfang sei es vermutlich «ein kleiner Verein» mit 50 bis 60 Mitgliedern gewesen. Spätestens unter dem ersten christlichen römischen Kaiser Konstantin, der das römische Reich zwischen 306 und 316 von Trier aus regierte, sei die Gemeinde aber rasch angewachsen, sagte Weber, der das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Trier leitet.
 
Der Wissenschaftler schätzt, dass insgesamt zwischen 5000 und 6000 Menschen auf dem südlichen Gräberfeld der Stadt beigesetzt worden sind. Reichere Menschen seien in einem Sarkophag aus Stein beerdigt worden, ärmere entweder in einem Holzsarg oder einfach in der Erde. «Die Menschen waren bestrebt, möglichst nahe beim Heiligen bestattet zu werden, damit sie beim Jüngsten Gericht nicht vergessen werden.»
 
In einem geöffneten Sarkophag aus Sandstein fanden die Archäologen kostbare Schmuck- und Glasbeigaben. Im Glasgefäß sei möglicherweise Balsamöl gewesen, sagte Restaurator Stefan Schuh. Das Glas sei leicht blau oder grün gefärbt, weil die Herstellung von Klarglas damals noch nicht beherrscht wurde. In einem anderen Sarkophag lag eine Kette aus bunten Glasperlen, die einem Kind mitgegeben worden war, das mit seiner Mutter unter deren Bauch begraben worden war. Außerdem fanden die Forscher Gürtelschnallen und römische Münzen, die zum Teil unbenutzt, also «prägefrisch» mit ins Grab gelangten. Weitere Sarkophage sollen aber nicht mehr gehoben werden.
 
Besonders wertvoll seien die Funde auch, weil sie in der Abteikirche einen Ort belegten, an dem Menschen seit fast zwei Jahrtausenden beigesetzt worden seien, sagte der Benediktiner-Abt Ansgar. Nach Eucharius und Valerius ließ Bischof Cyrillus dort vermutlich um 450 ein Mausoleum bauen. Im 10. Jahrhundert entstand unter Erzbischof Egbert an der selben Stelle eine Kirche mit Krypta, die jetzt ebenfalls ausgegraben wurde. Mit einem meterlangen Treppenzugang und eingebauten Lichtschächten ist sie nach Angaben von Weber «sensationell»: «Es gibt nichts Vergleichbares aus der ottonischen Zeit.» Seit dem 12. Jahrhundert wird hier auch das Grab des Apostels Matthias verehrt. Das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen zieht jedes Jahr Pilgergruppen an. Bis heute wird auf dem Friedhof hinter der Kirche weiter bestattet.
 
© dpa - Meldung vom 20.07.2005 15:39 Uhr
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